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Fast im gesamten katholischen Schweizer Alpengebiet ist der Jahrhunderte alte Brauch des Alpsegens oder Betrufs bis heute erstaunlich lebendig. Während der Alpsommerzeit singt der Senn oder die Sennin allabendlich, einen hölzernen Milchtrichter vor den Mund haltend, eine archaische Gebetslitanei über die Alp. Er bittet vor dem Einnachten Gott, die Muttergottes und die Heiligen darum, seine Alp, die Älplerfamilie und das anvertraute Vieh vor Unheil aller Art zu beschützen. Er ruft den Segen, jeden Tag und bei jedem Wetter, und er ruft ihn möglichst laut; denn so weit wie seine Stimme reicht, reicht nach der Meinung der Älpler auch der Schutz-bann. Die Älpler singen den Betruf nicht zum Entzücken der Touristen, sondern aus tiefer innerer Überzeugung. Ihr Instrument ist das Wort und ihre Stimme. Den Natur-gewalten in der nächtlichen Bergwelt ausgeliefert, erfahren die Beter die eigene Existenz als Teil eines grösseren Ganzen.
Der Film porträtiert fünf Älpler und eine Älplerin, die den Betruf praktizieren. Den geschäftstüchtigen Entlebucher Josef Brun, den agilen Bündner Placi Giusep Pelican, die eigenwillige Appenzellerin Mina Inauen, den urigen Nidwaldner Franz Ambauen und den leidenschaftlichen Urner Samuel Indergand. Der Film gibt Einblick in den Alltag der Protagonisten und fokussiert im Besonderen ihr religiös-spirituelles Selbstverständnis und ihre Beziehung zu ihrem Lebensraum Alp.
Was sind die tiefen Beweggründe, den Alpsegen zu rufen? Ist der Alpsegen mehr als ein Ritual? Ist man auf den Alpen den Geheimnissen der Schöpfung näher? Eignet sich der Alpenraum besonders zur Erfüllung spiritueller Bedürfnisse?
Wir wissen es. Die Alpen bilden eine unerschöpfliche Projektionsfläche sinnsuchender Menschen. Die Alp ermöglicht scheinbar ein einfaches und naturnahes Leben, frei von den Sorgen der immer komplexer gewordenen Welt. Weitab, als eine Insel, erlebt die Alp eine neue, zunehmende Verklärung. Wie begegnen die Älpler diesen Projektionen der Unterländer? Taugen sie überhaupt dazu?
Inhaltlich geht der Film weit über die Darstellung des Brauchtums «Alpsegen» hinaus. Er lotet besonders die Bedeutung der Spiritualität und des Glaubens der Protagonisten in einer modernen, globalisierten Welt aus. Was ist es, was uns trägt und hält? Nach diesen Antworten sucht der Film an den Rändern, dort wo Mensch und Tier, Natur und Zivilisation, Ordnung und Chaos sich berühren.
In diesem Sinne: Vorhang auf für die Bühne der Alpen – oder der Versuch eines Blickes auf eine «andere Welt».